1944 wurde Borlaug Mitarbeiter eines Forschungsprogramms der Rockefeller-Stiftung zur Steigerung der Weizen-, Mais- und Bohnenerträge durch Biotechnologie in Mexiko. Er arbeitete dort bis 1960. Von 1964 bis 1979 leitete er die Weizenabteilung des Internationalen Mais- und Weizenveredelungszentrums in Mexiko. Er erregte Aufsehen, weil er nicht – dem in Mexiko damals üblichen Bild eines Chefs gemäß – mit einem „saco limpio“ (sauberen Jackett) im Büro saß und seine Untergebenen kommen ließ, sondern zu den Bauern aufs Feld ging und sie beriet.[2]
Während seiner Arbeiten entwickelte Borlaug mehrere Weizenhochleistungssorten, wobei er auch die Grundlage für die Züchtung dieser Sorten in Pakistan und im Mittleren Osten legte. Besonders bekannt wurde der ertragsstarke Mexikoweizen, dem ein Gen zum „Zwergwuchs“ einer japanischen Sorte eingezüchtet wurde. Dieser Weizen kann aufgrund seines kurzen und kompakten Halms die schwere Ähre tragen, ohne abzuknicken. Vor allem in Indien, wo dieser Weizen seit 1962 angebaut wird, konnten die Erträge in zehn Jahren auf fast das Dreifache gesteigert werden. 1966 kaufte die indische Regierung daraufhin 18.000 Tonnen des von Borlaug gezüchteten Weizensamens. Die Ernten in den folgenden Jahren waren derart reich, dass die vorhandenen Getreidespeicher nicht ausreichten. Das Korn musste vielerorts in den Schulen aufgeschüttet werden.[2] Ähnliche Erfolge konnten in China durch verbesserten Reis erzielt werden.
Aufgrund dieser Erfolge gilt Borlaug heute als wesentlicher Initiator der so genannten Grünen Revolution in den Entwicklungsländern, die Millionen Menschen vor dem Hungertod bewahrte.[3]Steven Pinker nennt Borlaug deshalb einen „Giga-Lebensretter“.[4]
Am 12. September 2009 starb Norman Borlaug in Dallas an einer Krebserkrankung.[5]
Norman Borlaug gilt unter Fachleuten als einer der bedeutendsten Agrarwissenschaftler aller Zeiten. In der breiten Öffentlichkeit geriet sein Lebenswerk jedoch – abgesehen von seinem heimatlichen Bundesstaat Iowa – fast in Vergessenheit.[3]
Am 100. Jahrestag seiner Geburtstags (25. März 2014) wurde eine ihn abbildende Bronzestatue in der National Statuary Hall in Washington enthüllt. Ansonsten fanden im Gedenkjahr 2014 nur wenige öffentliche Würdigungen statt.[10]
Charles C. Mann: The Wizard and the Prophet: Two Remarkable Scientists and Their Dueling Visions to Shape Tomorrow’s World. First edition. Alfred A. Knopf; 2018. ISBN 978-0307961693
Fußnoten
↑Register of Ph.D. Degrees Conferred. Graduate School, University of Minnesota, Minneapolis 1957, S. 57.
↑ abBarbara Klingbacher: Norman Borlaug. In: NZZ Folio. September 2017, S. 30.
↑ abJoachim Müller-Jung: Das stille Jahr des unsichtbaren Helden. Warum kennt niemand Norman E. Borlaug? Er hat Abermillionen Menschen vor dem Hungertod bewahrt, doch das Gedenkjahr für den Vater der grünen Revolution geht ohne große öffentliche Würdigung zu Ende. Unsere Person 2014. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. Dezember 2014, S. N1.
↑Steven Pinker: Aufklärung jetzt. Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung. S. Fischer, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-10-002205-9, S. 103.