Echoverleihung 2018
Die 27. und letzte[1] Echoverleihung der Deutschen Phono-Akademie fand am 12. April 2018 in der Messe Berlin statt. Der Echo wurde wie im vorherigen Jahr in 22 Kategorien vergeben, was live vom deutschen Privatsender VOX übertragen wurde. Über die Gewinner entschieden rund 550 Jurymitglieder. Die meisten Nominierungen verbuchten mit jeweils vier Bausa und Ed Sheeran; es folgte Luis Fonsi mit drei Nominierungen. Andreas Herbig (Produzent national), Patrick Salmy (Produzent national) und Ed Sheeran (Hit des Jahres) wurden mehrfach innerhalb einer Kategorie nominiert; so war Sheeran viermal nominiert, konnte aber nicht mehr als drei Preise gewinnen, was ihm auch gelang. Fonsi erhielt einen Preis und war damit der erste Echo-Gewinner aus Puerto Rico. Die Nominierung und Auszeichnung des Albums Jung, brutal, gutaussehend 3 von Farid Bang und Kollegah stieß auf breite Kritik, da Kritiker in darauf enthaltenen Liedern gewaltverherrlichende und in Teilen antisemitische Texte sahen. Kollegah und Farid Bang gewannen trotz Kritik einen Echo in der Kategorie Hip-Hop/Urban national. In der Folge gaben mehrere mit dem Preis ausgezeichnete Künstler ihren Echo aus Protest gegen diese Entscheidung zurück. Die Preisverleihung hatte keinen festen Moderator. Der VOX-Moderator Amiaz Habtu übernahm zwar einzelne Moderationsaufgaben, doch ansonsten stand der Abend unter dem Motto „von Musikern für Musiker“, wodurch überwiegend die Nominierten selbst durch den Abend führten. Erstmals fand ein „Echo Public Viewing Deluxe“ statt, an dem mehr als 1000 Fans teilnehmen konnten.[2] PromotionZwei Wochen vor der Preisverleihung begann der deutsche Musiksender Deluxe Music damit, alle Nominierten zu kennzeichnen. Während der Übertragung von Musikvideos der Nominierten wurde in der oberen linken Ecke des Bildes immer der Hinweis „Echo 2018 nominiert“ eingeblendet. VOX selbst rief den Hashtag „#IchguckECHO“ ins Leben, der in sämtlichen Werbeunterbrechungen im Vorfeld beworben wurde. Dabei handelte es sich um kurze Werbeclips, in denen aktuelle und ehemalige Echo-Nominierte sowie bekannte VOX-Gesichter den Hashtag inszenierten. In der Woche, in der der Echo verliehen wurde, stand auch die VOX-Doku-Soap Shopping Queen in seinem Zeichen. Die fünf Teilnehmerinnen wollten allesamt zur Echo-Verleihung samt After-Show-Party, die Gewinnerin erhielt letztendlich zwei Eintrittskarten. Vor der Übertragung berichteten Nova Meierhenrich, Nina Bott und Amiaz Habtu live vom roten Teppich für das VOX-Boulevardmagazin Prominent!. Im Anschluss an die Preisverleihung meldeten sich die drei Moderatoren live von der After-Show-Party und führten Interviews mit Gästen und Echo-Gewinnern.[3] Skandal um Kollegah und Farid BangVor der Verleihung des Echo Pop 2018 an Kollegah und Farid Bang in der Kategorie Hip-Hop/Urban National verurteilte das Internationale Auschwitz Komitee die geplante Teilnahme des Rap-Duos: Sie sei „für alle Überlebenden des Holocaust ein Schlag ins Gesicht und ein für Deutschland beschämender Vorgang“; insbesondere aufgrund der Textzeilen aus dem Song 0815 „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow“. Der Ethik-Rat hatte sich im Vorfeld mit Blick auf die Meinungsfreiheit gegen einen Ausschluss der Sänger entschieden; Provokationen seien allgemeines Stilmittel der Rapper. Der Frage, inwiefern Antisemitismus in den Texten auf JBG 3 eine Rolle spielt, sind die Sprachwissenschaftler Sven Bloching und Jöran Landschoff nachgegangen. Das Ergebnis ihrer Studie, die den Titel Diffamierungen, Humor und Männlichkeitskonstruktionen trägt, wurde im Sprachreport 4/2018 veröffentlicht.[4] Zur umstrittenen Zeile stellen sie fest: „Im Kontext dieser Analyse liegt die Vermutung eines systematischen Antisemitismus allerdings fern, da sich diese zwei Zeilen als drastische Tabubrüche lesen und der Auschwitz-Vergleich sich in die Kategorie der Diffamierung von Opfern historischer Ereignisse generell, die Holocaust-Zeile als der Versuch der Darstellung einer maximal grausamen Gewaltanwendung einordnen lassen.“[5] Bei der Verleihung am 12. April 2018 erklärte der Sänger Campino, Provokation sei ein wichtiges Stilmittel; wenn diese aber frauenfeindlich, homophob, rechtsextrem oder antisemitisch sei, sei eine Grenze überschritten.[6] In der Folge wurde die Verleihung des Preises an Kollegah und Farid Bang und deren Auftritt bei der Verleihung von zahlreichen Medien, Künstlern und Politikern scharf kritisiert. Der jüdische Autor Oliver Polak schrieb: „Rapper wie Kollegah sind schuld, dass jüdische Jugendliche auf Schulhöfen Angst haben. Und so jemand bekommt einen Preis – am Holocaustgedenktag. Warum mir bei der Echo-Verleihung schlecht wurde.“[7] Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, erklärte, derartige Textstellen seien inakzeptabel. Sie „verletzten nicht nur Holocaustüberlebende, sondern auch ihre Familien. Das missbraucht die Kunstfreiheit. Es ist sehr problematisch, dass damit auch noch Hunderttausende junger Menschen erreicht werden.“[8] Ähnlich urteilte Außenminister Heiko Maas.[9] Peter Maffay, der die Echoverleihung nach dem Auftritt der beiden Rapper aus Protest mit einigen anderen Personen vorzeitig verlassen hatte, bezeichnete die Verleihung als „Ohrfeige für das demokratische Verständnis in unserem Land“; sie zeige „die Erosion in unserer Gesellschaft und im Musikgeschehen“ auf und sei Ausdruck einer „Mischung aus Dummheit, Feigheit und fachlicher Inkompetenz“.[10] Wolfgang Börnsen als Mitglied des Echo-Ethikbeirats verteidigte hingegen die Verleihung. Es gehe „um die Grenzen der Meinungs- und Kunstfreiheit in unserem Land“. Hätte der Beirat „das Album nicht zur Preisverleihung zugelassen, wäre das Zensur“. Er räumte allerdings ein, „Grundlage jeder Kunst muss immer die Würde des Menschen sein“, und er hielte es für angemessen, „wenn die beiden umstrittenen Musiker ihren Echo-Preis zurückgeben würden“.[11] Dieser Auffassung widersprach Igor Levit, der darauf hinwies, dass es nicht um Zensur gehe, sondern darum, ob man diese Musik auch noch auszeichnen müsse. Er wies darauf hin, dass die Freiheit der Kunst ebenfalls bedeute, dass man die entsprechenden Inhalte auch ablehnen und bekämpfen dürfe.[12] Aus der Hip-Hop-Szene äußerte sich die Antilopen Gang. Ihre Sprecher sehen Antisemitismus nicht allein bei Kollegah; er sei vielmehr „ein Teil der Szene“.[13] Kendra Stenzel sah hingegen in einem Spiegel-Artikel keine Belege einer antisemitischen Grundhaltung.[14] Als Reaktion auf die Verleihung gab zunächst das Notos Quartett, Gewinner des Echo Klassik 2017 in der Kategorie Nachwuchskünstler des Jahres, seine Auszeichnung zurück, da „dieser Preis offenen Rassismus toleriert, ihm gar eine Plattform bietet und ihn auszeichnet“ und die Echo-Trophäe nun „nichts mehr als ein Symbol der Schande“ sei.[15] In der Folge gaben auch der Musiker Klaus Voormann, der Pianist Igor Levit, der Dirigent Enoch zu Guttenberg, der Rock-Musiker Marius Müller-Westernhagen,[16] der Dirigent Christian Thielemann, die Sächsische Staatskapelle Dresden,[17] drei ehemalige Sänger der Wise Guys,[18][19] der Dirigent Daniel Barenboim,[20] die Staatskapelle Berlin und das West-Eastern Divan Orchestra ihre Echo-Auszeichnungen zurück.[21] Der Dirigent Mariss Jansons und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks distanzierten sich von ihren Auszeichnungen, gaben sie jedoch nicht zurück.[22] Der Präsident des Deutschen Kulturrats, Christian Höppner, verließ aus Protest den Beirat des Echo-Musikpreises, ebenso der Präsident des Deutschen Musikrats, Martin Maria Krüger.[23] Als Konsequenz kündigten der Safthersteller Voelkel und der Autohersteller Škoda ihren Rückzug als Sponsoren des Musikpreises an.[24] Tage vor der Preisverleihung nahm die Plattenfirma Bertelsmann Music Group Entertainment (BMG) Kollegah und Farid Bang in Schutz und ließ verlauten: „Wir nehmen Künstler und künstlerische Freiheit ernst, und wir sagen unseren Künstlern nicht, was ihre Texte enthalten sollten und was nicht“. Nach tagelanger negativer Berichterstattung teilte BMG mit, dass sie die Zusammenarbeit mit den beiden Rappern „vorerst ruhen“ lasse.[25] Als Folge der Kritik wurde die Vergabe des Echos eingestellt. Zudem leitete die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Ermittlungen gegen das Rap-Duo wegen Volksverhetzung ein. Zuvor waren zwei Strafanzeigen bei der Behörde eingegangen.[26] Im Juni 2018 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Kollegah und Farid Bang ein.[27]
Liveauftritte
Preisträger und NominierteAlbum des JahresEd Sheeran – ÷
Hit des Jahres
Künstler Pop nationalMark Forster – Tape
Künstlerin Pop national
Band Pop nationalMilky Chance – Blossom
SchlagerHelene Fischer – Helene Fischer
Volkstümliche MusikSantiano – Im Auge des Sturms
Hip-Hop/Urban nationalKollegah & Farid Bang – Jung, brutal, gutaussehend 3
Dance national
Rock nationalDie Toten Hosen – Laune der Natur
Künstler internationalEd Sheeran – ÷
Künstlerin international
Band international
Newcomer nationalWincent Weiss – Irgendwas gegen die Stille
Newcomer internationalLuis Fonsi – Despacito und Mis grandes éxitos
Produzent nationalPeter Keller – MTV Unplugged (Peter Maffay)
Bestes Video nationalBeatsteaks feat. Deichkind – L auf der Stirn
Kritikerpreis national
LebenswerkKlaus Voormann (zurückgegeben) Laudator: Wolfgang Niedecken Partner des JahresGeschäftsführer Alexander Schulz für Reeperbahn Festival Handelspartner des JahresSoziales EngagementPEACE by PEACE von Fetsum und Tedros „Teddy“ Twelde Kritik
Siehe auchWeblinks
Einzelnachweise
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