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Innichen

Innichen
(ital.: San Candido)
Wappen
Wappen von Innichen
Wappen von Innichen
Karte
Staat: Italien
Region: Trentino-Südtirol
Provinz: Bozen – Südtirol
Bezirksgemeinschaft: Pustertal
Einwohner:
(VZ 2011/31.12.2022)
3.206/3.405
Sprachgruppen:
(laut Volkszählung 2011)
85,06 % deutsch
14,64 % italienisch
0,30 % ladinisch
Koordinaten 46° 44′ N, 12° 16′ OKoordinaten: 46° 44′ N, 12° 16′ O
Meereshöhe: 1.113–3145 m s.l.m. (Zentrum: 1175 m s.l.m.)
Fläche: 80,10 km²
Dauersiedlungsraum: 9,6 km²
Fraktionen: Innichberg, Obervierschach, Untervierschach, Winnebach
Nachbargemeinden: Innervillgraten (AT), Sexten, Sillian (AT), Toblach
Partnerschaft mit: Freising
Postleitzahl: 39038
Vorwahl: 0474
ISTAT-Nummer: 021077
Steuernummer: 81006750210
Bürgermeister (2020): Klaus Rainer (SVP)

Innichen ([ˈɪnɪçn̩]; italienisch San Candido, ladinisch Sanciana) ist eine Marktgemeinde mit 3405 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) im Südtiroler Pustertal in Italien. Die Gemeinde grenzt im Osten und Norden an Österreich. Als Standort des einzigen Krankenhauses im Hochpustertal kommt dem Ort übergemeindliche Bedeutung zu.

Geographie

Die Gemeinde Innichen befindet sich im von West nach Ost verlaufenden Pustertal, genauer im Hochpustertal im äußersten Osten Südtirols. Das Gemeindegebiet, insgesamt 80,10 km² groß, umfasst neben dem Pusterer Talboden auch Gebiete in den südlich angrenzenden Dolomiten und in den nördlich liegenden Villgratner Bergen.

Die dörflichen Siedlungen der Gemeinde liegen allesamt im Pustertal. Der Hauptort Innichen (1160–1200 m s.l.m.) befindet sich am Talausgang des von Südosten einmündenden Sextentals, wo Sextner Bach und Drau aufeinandertreffen, in der Nähe des Drau-Ursprungs am Toblacher Feld und der Grenze zur westlichen Nachbargemeinde Toblach. Östlich davon – noch im Talboden – folgen die Fraktionen Vierschach, bestehend aus Ober- (1130–1150 m) und Untervierschach (1130–1180 m), sowie Winnebach (1120–1180 m), nahe der hier vom Kolberbach markierten italienisch-österreichischen Staatsgrenze zum Bundesland Tirol bzw. in Nachbarschaft zur Osttiroler Gemeinde Sillian gelegen. Am nördlichen Talhang über dem Hauptort Innichen, wo ein bewaldeter Rücken das Pustertal vom zu Toblach gehörenden Silvestertal trennt, liegt die Streusiedlung Innichberg. Nördlich hinter Vierschach und Winnebach steigt der Innichner Anteil der Villgratner Berge auf über 2500 m an. Der jenseitig ins Villgratental abfallende Kamm zwischen Markinkele (2545 m) und Hochrast (2436 m) trägt die Gemeindegrenze von Innichen zu Innervillgraten und somit gleichzeitig die Staatsgrenze.

Südlich des Pusterer Talbodens ragt das Gemeindegebiet weit in die Sextner Dolomiten und den Naturpark Drei Zinnen hinein. Diese Gegend umfasst das vom unteren Sextental nach Süden abzweigende Innerfeldtal sowie die umliegenden Berge. Auf der Westseite des Innerfeldtals ragt die Haunoldgruppe mit dem Haunold (2966 m) und dem Birkenkofel (2922 m) auf. Der das Tal ostseitig zum Fischleintal und zur Gemeinde Sexten hin begrenzende Kamm trägt unter anderem den Toblinger Knoten (2617 m) und die Dreischusterspitze (3145 m). Östlich über dem Ausgang des Sextentals erreicht das Innichner Gemeindegebiet am Grenzberg Helm (2433 m) die nördlichsten Ausläufer des Karnischen Hauptkamms.

Geschichte

Im 4. Jahrhundert v. Chr. ließen sich hier keltische Stämme nieder, betrieben neben der Viehzucht bereits auch Ackerbau und gründeten eine kleine befestigte Ortschaft.

15 v. Chr. eroberten die Römer die Provinzen Rätien und Noricum, also auch die Gegend von Innichen. Nachdem die Römerstraße (Via Julia Augusta), die Aquileia mit Augsburg (Augusta Vindelicorum) verband, durch diese Gegend geführt hatte, gründeten die Römer mit größter Wahrscheinlichkeit hier die Militärstation Littamum.

Am Ende des 6. Jahrhunderts n. Chr. lieferten sich im Hochpustertal die aus dem Osten vorrückenden Slawen mit den aus dem Norden vorrückenden Bajuwaren erbitterte Kämpfe. Die damalige Ortschaft wurde zerstört, ob durch kriegerische Ereignisse, durch eine Überschwemmung oder durch einen Großbrand, ist nicht geklärt.

769 übertrug der Bayernherzog Tassilo III. dem Abt Atto von Scharnitz einen Landstrich zwischen dem heutigen Welsberg im Westen und Abfaltersbach im Osten mit der Auflage, in India, auch Campogelau (= eisiges Land) genannt, ein Benediktinerkloster zur Missionierung zu gründen;[1] daraus entstand das heutige Innichen. Innichen ist somit das älteste Stift und eine der ältesten bajuwarischen Siedlungen Tirols.

783 wurde Abt Atto Bischof von Freising. Seitdem gehörte Innichen mit einer kurzen Unterbrechung bis zur Säkularisation im Jahre 1803 als freisingische Hofmark dem Hochstift Freising und bis 1919 zur Gefürsteten Grafschaft Tirol.

Um 1140 wurde das Benediktinerstift in ein weltliches Kollegiatstift umgewandelt, an die Stelle der Benediktinermönche traten „weltliche“ Geistliche, die Kanoniker. Seit dem Hochmittelalter entrissen die Vögte (Grafen von Görz, dann Grafen von Tirol), die eigentlich zum Schutz der freisingischen Herrschaft bestimmt waren, dieser fast sämtliche Ländereien, so dass am Ende (1803) davon nur ein Teil der Ortschaft Innichen übrig geblieben war.

Bis zum Ersten Weltkrieg war Innichen Garnison der k.u.k. Österreich-Ungarischen Armee. 1914 waren hier der Stab und das IV. Bataillon des Landesschützen-Regiments Nr. III stationiert.

Nach dem Ersten Weltkrieg errichteten die italienischen Faschisten als Denkmal ein Beinhaus. Das Denkmal ist bis heute umstritten, weil die bestatteten Soldaten von weit entfernten Kriegerfriedhöfen dorthin umgebettet wurden.

1928 wurde die Gemeinde Innichen um die bis dato eigenständigen Gemeinden Vierschach, Winnebach und Innichberg vergrößert.

Demographie

Bei der Volkszählung 2011 rechneten sich 85,06 % der Einwohner zur deutschen Sprachgruppe, 14,64 % zur italienischen und 0,30 % zur ladinischen Sprachgruppe.

Anzahl Einwohner und Verteilung der Sprachen
Jahr Einwohnerzahl Sprachgruppen[2][3][4][5]
Deutsch Italienisch Ladinisch
1900 1017 99,59 % 0,41 % -
1921 2698
1931 2835
1936 2644
1951 2616
1961 2961
1971 3022 76,95 % 22,66 % 0,40 %
1981 2999 82,25 % 17,30 % 0,44 %
1991 3073 83,20 % 16,32 % 0,48 %
2001 3107 84,84 % 14,78 % 0,38 %
2011 3206 85,06 % 14,64 % 0,30 %

Etymologie

Die ältesten Schriftzeugnisse sind 769 „India“, 822 „Intihha“ und 1070 „Intichingen“.

Die Etymologie und die Ausgangssprache des Namens liegen im Dunkeln. Egon Kühebacher spekulierte, Innichen könnte von einem keltischen *Indiaca mit der Bedeutung „Gebiet des Indius“ stammen.[6]

Ein wesentliches Problem der Namensdeutung ist der Schritt von India zu Intihha. Diether Schürr deutete Intihha als Verkleinerungsform des vermutlich spätantiken Namens India, die in Abgrenzung zu dem wegen der Assoziation mit Indien als unpassend aufgefassten Gebietsnamen in Gebrauch kam.[7]

Bildung

Innichen ist Sitz eines deutschsprachigen Schulsprengels. Dieser umfasst auf dem Gemeindegebiet die Grundschulen in Vierschach und in Winnebach, sowie die Grund- und Mittelschule im Hauptort Innichen. Dem Sprengel angeschlossen ist zudem auch die Grundschule der Nachbargemeinde Sexten.[8] Für die italienische Sprachgruppe besteht ebenfalls eine Grundschule, die vom Sprengel Toblach verwaltet wird.[9]

Die deutschsprachige Wirtschaftsfachoberschule[10] in Innichen stellt das einzige Angebot einer weiterführenden Schule im Hochpustertal dar.

Gesundheit

Innichen ist der Standort eines Krankenhauses des Südtiroler Sanitätsbetriebs.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Innichen, St. Michaelsplatz
Innichen, Stiftskirche

Verkehr

Für den Kraftverkehr ist Innichen in erster Linie durch die SS 49 und die SS 52 erschlossen. Zudem wird das Gemeindegebiet von der Pustertalbahn, die am Bahnhof Innichen und am Bahnhof Vierschach-Helm Zugangsstellen bietet, und der Radroute 3 „Pustertal“ bzw. dem „Drauradweg“ durchquert.

Tourismus

Innichen gilt als einer der beliebtesten Urlaubsorte im Südtiroler Hochpustertal. Im Sommer wie im Winter bietet es vielfältige Aktivitäten: im Sommer vor allem Wandern sowie Radfahren am Drauradweg und Mountainbiken. Bei Familien besonders beliebt ist der grenzüberschreitende Radweg von Innichen nach Lienz im benachbarten Österreich.

Im Winter ist der Skiberg Haunold in Betrieb, der unter anderem auch über eine Rodelbahn verfügt. Seit der Wintersaison 2011/2012 bietet man auch Nachtskilauf an.[11] In der Fraktion Vierschach und Sexten befinden sich Anlagen der Skigberge Helm-Rotwand. Er gehört, wie der Skiberg Haunold, zum Skigebiet 3 Zinnen, das mit 115 Pistenkilometern zu den größeren Skigebiete Südtirols gehört. Außerdem ist es Teil des weltweit größten Skikarussells Dolomiti Superski.

Innichen ist an das Loipennetz des Hochpustertales, das über 200 präparierte Loipen umfasst, angeschlossen. Die Landschaft ist im Winter für Ausflüge mit Schneeschuhen oder für Skitouren geeignet. Außerdem verfügt Innichen über ein Hallenschwimmbad namens acquafun, das aber zum 1. November 2022 aus Kostengründen (Energiekosten) vorübergehend geschlossen wurde. Innichen hat ca. 2500 Fremdenbetten in gastgewerblichen Betrieben. Privatzimmervermieter und Landwirte (Urlaub auf dem Bauernhof) bieten zusätzlich ca. 500 Betten.

Persönlichkeiten

Politik

Bürgermeister

Bürgermeister seit 1952:[14]

  • Walter Müller: 1952–1956
  • Walter Wachtler: 1956–1974
  • Franz Senfter: 1974–1985
  • Josef Passler: 1985–2010
  • Werner Tschurtschenthaler: 2010–2015
  • Rosmarie Burgmann: 2015–2020
  • Klaus Rainer: seit 2020

Wappen

Im Jahr 1303 wurde vom römisch-deutschen König Albrecht I. das Wappen verliehen. Es zeigt auf rotem Grund ein silberfarbenes Kastell, das auf grünem Rasen steht. Über dem Tor findet sich das Wappen des Hochstiftes Freising.

Partnergemeinde

Literatur

  • Martin Zeiller: Innichen. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Provinciarum Austriacarum. Austria, Styria, Carinthia, Carniolia, Tyrolis … (= Topographia Germaniae. Band 10). 3. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1679, S. 24 (Volltext [Wikisource]).
  • Egon Kühebacher: 1250 Jahre Innichen – eine Festschrift zum Jubiläumsjahr 2019. Beiträge zur Geschichte Innichens von 769 n. Chr. bis ins späte 19. Jahrhundert. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2019, ISBN 978-3-7030-0985-3 (digital.tessmann.it).
  • Egon Kühebacher: Kirche und Museum des Stiftes Innichen. Athesia, Bozen 1993, ISBN 88-7014-721-5.
  • Hansjörg Plattner und Germana Nitz: Innichen – Ein Bildsachbuch. Folio Verlag, Wien-Bozen 2018, ISBN 978-3-85256-762-4.
  • Egon Kühebacher: Innichen, eine 1250 Jahre alte Pflegestätte von christlicher Kultur und Kunst. Ein Nachtrag zum Jubiläum „1250 Jahre Innichen“. In: Der Schlern, Bd. 94 (2020), Heft 7/8, S. 4–23.
Commons: Innichen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Innichen – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Martin Bitschnau, Hannes Obermair: Tiroler Urkundenbuch, II. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals. Band 1: Bis zum Jahr 1140. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-7030-0469-8, S. 30–31, Nr. 50.
  2. Gemeindelexikon von Tirol und Vorarlberg – Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1900, S. 88.
  3. Die amtliche Bürgerzahl und die Sprachgruppen in Südtirol nach Gemeinde und Bezirk – Volkszählung 1981. S. 14–25.
  4. Südtirol in Zahlen (Bozen 1994). (PDF; 3,3 MB) S. 14.
  5. Volkszählung 2001. Berechnung des Bestandes der drei Sprachgruppen in der Provinz Bozen-Südtirol. (PDF; 0,9 MB) S. 7.
  6. Egon Kühebacher: Die Hofmark Innichen (1969), S. 38
  7. Diether Schürr: Lautverschiebung in Tirol: Der Fall Innichen. In: Österreichische Namenforschung. Band 34, 2006, S. 139–158 (academia.edu).
  8. Schulsprengel Innichen. Südtiroler Bürgernetz, abgerufen am 25. Oktober 2014.
  9. Schulsprengel Toblach – Hochpustertal. Südtiroler Bürgernetz, abgerufen am 25. Oktober 2014.
  10. Wirtschaftsfachoberschule Innichen. Südtiroler Bürgernetz, abgerufen am 17. März 2017.
  11. Nachtskilauf am Haunold
  12. dmartist.com
  13. Germana Nitz, Hansjörg Plattner: Innichen. Folio, Wien 2018, ISBN 978-3-85256-762-4, S. 145 (Google Books).
  14. Die Bürgermeister der Gemeinden Südtirols seit 1952. (PDF; 15 MB) In: Festschrift 50 Jahre Südtiroler Gemeindenverband 1954–2004. Südtiroler Gemeindenverband, S. 139–159, abgerufen am 16. November 2015.
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