Aage Bohr war der Sohn von Niels Bohr, den er noch als Student im Oktober 1943 ins Exil nach Amerika und England als Sekretär und Assistent begleitete. 1946 erhielt er sein Diplom in Kopenhagen. 1948 war er am Institute for Advanced Study in Princeton und danach bis 1950 an der Columbia University auf Einladung von Isidor Isaac Rabi, der die Hyperfeinstruktur des Deuteriums untersuchte. Dabei wurden Quadrupolmomente des Kerns gemessen, die sehr viel höher als die möglichen Einteilchenwerte waren und auf kollektive Anregungen deuteten. Durch experimentelle Fortschritte konnten dann um 1953 Rotationsbanden direkt in Kernspektren entdeckt werden und Übergänge zwischen Rotationsanregungen direkt durch Coulombanregung erzeugt werden, was eine Fülle neuen Materials für das Studium kollektiver Anregungen lieferte. 1956–1992 war er Professor an der Universität Kopenhagen, nach dem Tod seines Vaters Niels Bohr wurde er 1963–1970 Vorstand des dortigen Niels-Bohr-Instituts (NBI) und 1975–1981 Direktor der Nordita, des Nordischen Instituts für Theoretische Atomphysik, das 1957 gegründet wurde und eng mit dem NBI zusammenarbeitet.
Er erhielt 1975 zusammen mit Ben R. Mottelson und James Rainwater den Physik-Nobelpreis „für die Entdeckung der Verbindung zwischen kollektiver und Teilchen-Bewegung in Atomkernen und die Entwicklung der Theorie von der Struktur der Atomkerne basierend auf dieser Verbindung“.
Mit seinem langjährigen Kollegen Ben Mottelson entwickelte er ein Modell kollektiver Anregungen in Atomkernen als gemeinsames (oft deformiertes, das heißt nicht mehr sphärisch symmetrisches) Potential der Nukleonen mit eigenen Rotations- und Vibrationszuständen. Sie untersuchten u. a. die Wechselwirkung von kollektiven und Einteilchen-Anregungen z. B. in schweren Bleikernen (nahe den stabilen magischen Zahlen des Schalenmodells) und wandten als eine der ersten die BCS-Theorie der Supraleitung in der Kernphysik an (wie auch die Russen Arkadi Migdal und Spartak Beljajew).
Er war seit 1950 mit seiner Frau Marietta verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder, darunter den Physiker Tomas Bohr. Drei Jahre nach ihrem Tod 1978 heiratete er seine zweite Frau Bente.[4]
Bohr, Mottelson: Collective and individual aspects of nuclear structure, Kgl.Dansk Mat.Fys.Medd. Bd. 27, 1953, Nr. 16, S. 7–174
Bohr, Mottelson: The many facets of nuclear structure, Annual Review of Nuclear Science, Bd. 23,1973, S. 363
Bohr, Mottelson: Single particle and collective aspects of nuclear rotation, Physica Scripta Bd. 24, 1981, S. 71.
Bohr, Mottelson, David Pines: Possible analogy between the excitation spectra of nuclei and those of the superconducting metallic state, Physical Review Bd. 110, 1958, S. 936.
Literatur
Aage Bohr in: Internationales Biographisches Archiv 02/2010 vom 12. Januar 2010, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
↑Kenneth Chang: Aage Bohr, Physicist’s Son Who Won Nobel, Dies at 87. The New York Times, 10. September 2009, abgerufen am 1. März 2018 (amerikanisches Englisch): „His first wife, Marietta Soffer, whom he married in 1950, died in 1978. They had three children: Vilhelm, Tomas and Margrethe. In 1981, Dr. Bohr married Bente Meyer.“