Der Ort ist schon im Jahre 662 als Rubiaco und im 12. Jahrhundert als Rubeacum[1][2][3] erwähnt. Dieser Name ist auch den alten Formen von Robiac (Robiaco 1119), Royat (Rubiacum 1147) ähnlich.
Es besteht aus zwei Elementen: dem gallo-römischen Personennamen Rubius oder Rubbius und dem keltischen Suffix -āko > -ACU „Eigentum“[4].
Geschichte
Im 5. Jahrhundert wurde die Ortschaft ein Wohnsitz der merowingischen Könige. Wahrscheinlich gelangte Rufach zusammen mit dem Mundat Rufach durch eine Schenkung des Königs Dagobert II. (652–679) in den Besitz der Bischöfe von Straßburg.[5] Der Legende nach soll die Ortschaft jedoch als Dankesgabe für die Wunderheilung eines bei der Jagd verunglückten Königssohnes durch den Missionar St. Arbogast († 618), also schon viel früher, bischöflich geworden sein.[6]
Sie wurde schließlich Hauptort eines vom Bistum Straßburg vergebenen Lehens, zu dem auch Egisheim gehörte. In Rufach soll Bischof Eddo von Straßburg (Enkel Edico's I.) 762 zwei Hufen mit Zubehör an das von ihm erneuerte Kloster Ettenheim in der Ortenau gegeben haben.[7]
Die Ortschaft des Heiligen Römischen Reichs entwickelte sich rasch und wurde mit einer Mauer versehen. 1105 vertrieben Rufacher Bürger König Heinrich V. wegen des schlechten Betragens seiner Hofleute aus dem Ort und nahmen ihm die Reichsinsignien weg, doch er kehrte bald danach zurück und plünderte und verbrannte den Ort.[1] Im 13. Jahrhundert erhielt der Flecken Stadtrechte.[1] Der römisch-deutsche KönigAdolf belagerte die Stadt 1298, weil der Straßburger Bischof Konrad II. für den österreichischen Herzog Albrecht I. Partei ergriffen hatte, als dieser gegen Adolf zum römisch-deutschen König gewählt werden sollte.[1] Graf Theobald von Pfirt, Landvogt im Elsass, verbrannte damals die Vorstadt von Rufach einschließlich des anderthalb Kilometer südlich gelegenen Dorfs Sundheim, die Stadt selbst konnte Adolf, der persönlich anwesend war, aber nicht einnehmen.[1]
Der Deutsche Orden hatte bereits vor 1215 Besitz in Rufach; im Jahr 1448 wurde am kaiserlichen Hof Beschwerde darüber geführt, dass Rufacher Bürger ein Haus des Ordens im Weiler Sundheim zerstört hätten;[8] es könnten aber wohl auch die 1444 hier wütenden Armagnaken gewesen sein.[1]
Im 13. Jahrhundert gab es in Rufach eine jüdische Gemeinde, die eine Synagoge hatte und in Münsters Kosmographie erwähnt wird.[9] 1298 wurde den jüdischen Einwohnern vorgeworfen, mit den Feinden kooperiert zu haben. Daraufhin wurden die Juden umgebracht.[10][9] Um 1308/Januar 1309[9] und 1338 ließ Bischof Berthold von Buchegg hiesige Juden während der Armledererhebung teils verbrennen, teils vertreiben.[1][11] In östlicher Nachbarschaft trägt ein Weiler den Namen Judenmatt.
Im 15. Jahrhundert entstand aus einer Wallfahrtskirche das Spital St. Valentin zur Versorgung von Anfallskranken.[12]
Der wirtschaftliche Aufschwung endete mit dem Dreißigjährigen Krieg, als der Ort von den Schweden verwüstet wurde. Im Jahr 1680 wurde die Stadt zusammen mit dem weltlichen Besitz, den die Bischöfe von Straßburg hier im Oberelsaß hatten, vom Königreich Frankreich annektiert.[13][5]
Während der Zeit des Nationalsozialismus war in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Rufach ab Oktober 1940 eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (NPEA – volkstümlich Napola) untergebracht. 1941 errichtete hier das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung eine „Reichsschule für Volksdeutsche“, ein Internat, in dem bis 1944 etwa 600 bis 650 Jungen aus Südtirol unterrichtet wurden, deren Eltern für Deutschland optiert hatten (Eine entsprechende Schule für Mädchen bestand in Achern).[14] Im faschistischen Italien war der Unterricht in deutscher Sprache unter strengen Strafen verboten, und so mussten diese Jugendlichen, um die eigene Muttersprache korrekt auch schreiben zu lernen, den Schulunterricht weitab von ihrem Elternhaus verbringen. Diese Reichsschule für Volksdeutsche bestand dann parallel zur Napola und von dieser räumlich und im Unterrichtsprogramm getrennt, bis die Kriegsereignisse allmählich zur Auflösung führten.
Demographie
Bevölkerungszahlen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Jahr
Einwohner
Anmerkungen
1780
–
über 600 Feuerstellen (Haushaltungen), dazu müssen noch verschiedene jüdische Familien gerechnet werden[1]
Die Stadt ist eine Station der Romanischen Straße: Die Kirche Mariä Himmelfahrt (Notre-Dame de l’Assomption) aus gelbem Sandstein ist im romanischen und gotischen Stil erbaut; das Querschiff stammt aus der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts, das gotische Mittelschiff aus dem 12. und 13. Jahrhundert mit romanischen Seitenportalen; an dem Gebäude wurde bis 1508 gebaut, die Doppelturmfassade blieb unvollendet. Das Gebäude trug während der Französischen Revolution schwere Schäden davon und erscheint heute relativ schmucklos. Die großvolumige Anlage der Kirche und das Vorhandensein mehrerer mittelalterlicher Baustile erscheint dem Betrachter dafür umso deutlicher. (Monument historique seit 1841)
Synagoge, erbaut um 1290 (Monument historique seit 1921)
Zahlreiche Gebäude aus dem späten Mittelalter und der Renaissance (Altes Rathaus, Altes Kornhaus) geben der Stadt auch heute noch ein mittelalterliches Gepräge.
Hexenturm aus dem 13. bis 15. Jahrhundert, diente als Gefängnis (Monument historique seit 1921).
Schloss von Isenbourg, Wohnsitz von König Dagobert II. und seinem Sohn Sigbert, später auch des Straßburger Bischofs, ist nicht mehr erhalten. In einem Neubau aus dem 19. Jahrhundert ist heute ein Luxushotel untergebracht.
Gymnasium für Technik, Landwirtschaft und Weinbau (LEGTAV)
Ölbergkapelle
Ortsbilder
Hexenturm mit Storchennest
Südostseite der Kirche Mariä Himmelfahrt (Notre-Dame de l’Assomption)
Fassade, Nordseite der Kirche Mariä Himmelfahrt (Notre-Dame de l’Assomption)
↑ abcdefghSigmund Billings: Geschichte und Beschreibung des Elsasses und seiner Bewohner von den ältesten bis in die neuesten Zeiten, Basel 1782, S. 125–128 (books.google.de)
↑ abJohann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente, Zweiter Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 115–117 (books.google.de).
↑Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band II: Ober-Elsass. Friedrich Bull, Straßburg 1881, S. 564–585 (books.google.de).
↑Albert Dauzat, Charles Rostaing, Dictionnaire étymologique des noms de lieux en France. éditions Larousse 1968. S. 569.
↑ abDie alten Territorien des Elsaß nach dem Stand vom 1. Januar 1648. Mit Ortsverzeichnis und zwei Kartenbeilagen. Statistische Mittheilungen über Elsaß-Lothringen, Heft 27. Herausgegeben vom Statistischen Bureau für Elsaß-Lothringen. Verlag M. DuMont-Schauberg, Straßburg 1896, S. 50–53 (books.google.de).
↑Die Chroniken der oberrheinischen Städte. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Straßburg (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert. Neunter Band), Zweiter Band, Hirzel, Leipzig 1871, S. 629–630 (books.google.de)
↑Emil Krüger: Zur Herkunft der Habsburger. In: Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. Band 13, Höhr, Zürich 1888, S. 499–554, insbesondere S. 541 (books.google.de)
↑Theobald Walter: Zur Geschichte des Deutschritterordens im Oberelsass, in: Jahrbuch für Geschicht Sprache und Litteratur Elsass-Lothringens. XIV. Jahrgang, Straßburg 1898, S. 8–55, insbesondere S. 6 ff. (books.google.de).
↑Rufach (Elsass). Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, aufgerufen am 28. Dezember 2024.
↑Magda Teter: Blood Libel. On the Trail of an Antisemitic Myth. Harvard Press, Cambridge, Massachusetts, London, England 2020, S.168f.
↑Karl Sudhoff: Ein spätmittelalterliches Epileptikerheim (Isolier- und Pflegespital für Fallsüchtige) zu Rufach im Oberelsaß. In: Archiv für Geschichte der Medizin 6, 1913, S. 449–455.
↑Maximilian du Prel: Die Deutsche Verwaltung in Elsass-Lothringen 1870-1879. Denkschrift mit Benutzung amtlicher Quellen. Karl J. Trübner, Straßburg 1879, S. 7, Ziffer 3 (books.google.de).
↑Michael Wedekind: Nationalsozialistische Besatzungs- und Annexionspolitik in Norditalien 1943 bis 1945: die Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“. München 2003 (Oldenbourg), S. 240; books.google.de
↑Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 54 (books.google.de).
↑C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 54 (books.google.de).
↑Statistisches Büreau des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen: Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. C. F. Schmidts Universitäts-Buchhandlung Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 62, Ziffer 772 (google.de).
↑Anonymes Mitglied des Katholischen Volksvereins: Die konfessionellen Verhältnisse an den Höheren Schulen in Elsaß-Lothringen. Statistisch und historisch dargestellt. Straßburg 1894, S. 45 (books.google.de).
↑Rufach, Kreis Gebweiler, Elsass-Lothringen. In: Meyers Gazetteer. Mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Rufach (meyersgaz.org).
↑Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band II: Ober-Elsass, Friedrich Bull, Straßburg 1881, S. 578–581 (books.google.de).
↑Theobald Walter: Das Minoritenkloster zu St. Katharina in Rufach. In: Alemannia, (Band 34 =) Neue Folge, Band 7, 1906–1907, S. 14–65.