Zimmer wurde in Frankfurt am Main als Sohn des Chemieunternehmers Hans Joachim Zimmer und dessen Frau Brigitte, geb. Weil, geboren.[4][5] Seine Eltern waren Juden, seine Mutter war 1939 vor den Nationalsozialisten nach England geflohen. 1999 erklärte Zimmer auf einer Pressekonferenz zum Holocaust-Dokumentarfilm Die letzten Tage, Jude zu sein.[6]
Hans Zimmer erlernte als Kind das Klavierspiel im Elternhaus, in der Villa Gans in Kronberg, wobei er nur für kurze Zeit einen Klavierlehrer hatte, da er sich dessen Disziplin hinsichtlich der Grundregeln für einen Pianisten nicht unterwerfen wollte.[7] In der Harald Schmidt Show am 15. Februar 2002 antwortete er auf die Frage, ob er Musikunterricht hatte: „Ja, den hatte ich für eine Woche. Das war so, entweder ich hätte den Lehrer umgebracht oder er hätte mich umgebracht.“[8] Er ging auf das Taunusgymnasium Königstein[9], legte später im englischen Internat Hurtwood House[10] in Dorking, Surrey sein Abitur ab und spielte als Schüler Synthesizer. Insgesamt wurde Zimmer in Deutschland und der Schweiz u. a. wegen Disziplinverstößen von acht Schulen verwiesen.[11] Eine akademische musikalische Ausbildung durchlief er nicht.
Jahre in England
Ende der 1970er Jahre war Hans Zimmer Komponist von Werbemusik-Jingles und wirkte im Videoclip des Buggles-Hit Video Killed the Radio Star an einem modularen Synthesizer mit. Im Londoner Studio Air Edel komponierte er Werbe- und Radio-Jingles. Dort lernte er den bekannten englischen Filmmusik-Komponisten Stanley Myers kennen und wurde 1980 dessen Assistent. Von ihm lernte Zimmer viel über das Komponieren für ein Orchester. Durch diese Zusammenarbeit bekam er erste kleinere Kompositionsaufträge für Filmmusik. Ende der 1980er Jahre machte er durch die Vertonung von Filmen wie Rain Man auf sich aufmerksam.
Hollywood
Zimmer wurde Anfang der 1990er Jahre vor allem wegen seiner innovativen Kombination von Orchester- und Synthesizer-Klängen bekannt. Mit Ridley ScottsBlack Rain und Ron HowardsBackdraft – Männer, die durchs Feuer gehen schuf er einen neuartigen Stil, Actionfilme zu vertonen. Besonders Backdraft gilt als Meilenstein der Filmmusikgeschichte: Zimmers Entscheidung, den Film mit einem sogenannten „Wall-to-Wall Score“ zu vertonen, also den Großteil des Films mit Musik zu unterlegen, schuf den Prototyp für viele Action-Filmmusiken, die danach in Hollywood produziert wurden. Die Stilistik, die grob auf einem mächtigen Hauptthema, rhythmischen Action-Motiven und behutsameren Passagen für die beiden Hauptfiguren (dargestellt von Kurt Russell und William Baldwin) basiert, findet sich in zahlreichen späteren Filmmusiken wieder.[12]
Schon nach dem Abschluss der Arbeiten an Illuminati plante Zimmer, einige Konzerte zu geben, jedoch konnte dies bislang nur eingeschränkt verwirklicht werden, da er neue Aufträge annahm. In einem Interview mit der Internetseite Amazona.de sagte er, die meisten Regisseure, mit denen er zusammenarbeite, seien seine Freunde, daher falle es ihm schwer, einen Auftrag von ihnen abzulehnen.[13]
Im Jahr 2014 erschien der Film Interstellar. Nach Zimmers Angaben aus dem Jahr 2023 war der Soundtrack mit „48 Sessions in drei Studios“ und mehreren Orchestern der aufwendigste, den er je gemacht hat.[14]
2016 war Zimmer schließlich mit einem Orchester aus 70 Musikern auf einer großen Tournee durch Europa unterwegs. Verschiedene seiner Soundtracks wurden dabei live vor Publikum gespielt, verbunden mit kurzen Erzählungen Zimmers, u. a. über den Tod Heath Ledgers im Jahr 2008, der kurz nach den Dreharbeiten zu The Dark Knight starb.[15] Die Premiere der Live-Tournee fand am 6. April 2016 in der Wembley Arena in London statt, und mit einem Konzert im antiken Theater von Orange wurde die Tournee am 5. Juni 2016 beendet.[16]Johnny Marr begleitete Zimmer bei einigen ausgewählten Konzerten in London, Berlin, Prag, Manchester, Dublin und Orange an der E-Gitarre.[17] Große Beachtung erfuhr Zimmer nach seinem Konzert am 22. April 2016 in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen, als er nach dem Tod von Prince dessen Titel Purple Rain spielte.[18]
Auch 2017 war Zimmer wieder auf Live-Tournee, erstmals auch in den Vereinigten Staaten, Australien, Neuseeland und Südkorea. Die Konzerttour begann am 14. April 2017 im Microsoft Theater in Los Angeles und endete am 7. Oktober 2017 im Olympiastadion von Seoul.[19]
Zimmer lebt und arbeitet heute in Los Angeles und zählt zu den erfolgreichsten und einflussreichsten Filmkomponisten der Hollywood-Geschichte.
2018 wurde er zum elften Mal für einen Oscar nominiert.[20] 2022 erhielt er für den Soundtrack zu Dune den Golden Globe und den Oscar.
Im Jahr 2022 war Zimmer auf der Live-Europatournee Hans Zimmer Live unterwegs. Die Tour begann am 11. März 2022 in Hamburg und endete am 30. April 2022 in Stockholm. Mit dabei waren mehrere renommierte Künstler wie Guthrie Govan, Lisa Gerrard und Lebo M.[21] Auf der Tour setzte sich Zimmer nach dem russischen Überfall auf die Ukraine öffentlich für den Frieden ein und sagte den Ukrainern Unterstützung zu.
Als Reaktion auf den Amoklauf von Aurora im Juli 2012 veröffentlichte er die Komposition Aurora. Der gesamte Erlös sollte den Opfern und ihren Familien gespendet werden.[22]
Privates
Hans Zimmer lebt in Kalifornien. Er hat eine Tochter aus erster Ehe sowie drei weitere Kinder aus seiner zweiten Ehe mit Suzanne Zimmer. Im April 2020 reichte er die Scheidung ein.[23] Er ließ sich in Kalifornien nieder und wurde Staatsbürger der USA.[24]
Zimmer arbeitet häufig mit denselben Musikern zusammen. So wird in vielen Musiken eine Gitarre von Heitor Pereira oder ein Cello von Martin Tillman gespielt.
Schon lange vor dem Start der Dreharbeiten komponiert Zimmer in der Regel Suiten, die alle wesentlichen Bestandteile der späteren Filmmusik enthalten.[25] Die Suiten dienen gegen Ende der Produktion als Basis für die Musik, die direkt zum Bild geschrieben wird. Aber auch die Suiten selbst werden meistens im Film und auf dem Soundtrack verwendet – so z. B. sind die Titel 9 bis 13 aus dem Soundtrack zu The Da Vinci Code – Sakrileg die von Zimmer geschriebene Suite.[26] Diese Arbeitsweise erklärt Zimmer in einem Interview folgendermaßen:
„Ich habe darüber nachgedacht, wie ich in letzter Zeit arbeite. Die Dinge schon vor den Dreharbeiten zu schreiben, ist der bessere Weg. Die Filmtechnologie hat sich in den letzten Jahren, insbesondere durch Computereffekte, so stark verändert, dass es nun möglich ist, auch noch etwas in letzter Minute am Film zu ändern. Ich glaube, der alte Weg zu warten, bis der Film fertig geschnitten ist, und dann die letzten sechs bis zwölf Wochen, oder wie lange auch immer, die Musik zu schreiben und aufzunehmen, funktioniert heutzutage nicht mehr. Deshalb ist es sinnvoll, einen Teil der Musik vor diesen zwölf Wochen zu schreiben. Damit hat man selbst und die Filmemacher dann etwas, mit dem man arbeiten kann, während man über die Musik zum Bild nachdenkt. So hat man möglicherweise mehr Einfluss auf den Stil des Films. Außerdem kann man so diese ärgerlichen Temp-Track-Probleme lösen.“
Häufig helfen andere Komponisten besonders gegen Ende der Filmproduktion Zimmer bei seinen Musiken, indem sie Teile für ihn auf Basis seiner Suiten und musikalischen Ideen orchestrieren, arrangieren oder komponieren. Diese gemeinschaftliche Arbeitsweise ist bei einigen Filmmusik-Fans umstritten, jedoch in Hollywood nicht völlig unüblich.[28]Rupert Gregson-Williams sagt dazu in einem Interview folgendes:
“Hans is an icon, and in my opinion many of the criticisms aimed at the whole Media Ventures set up are totally unfounded. The first most common misconception is that, to be blunt, everyone else does the work of writing themes, while Hans takes all the credit. Well, I spent three months working with Hans in Los Angeles on various scenes for The Prince of Egypt – the sandstorm sequence where Moses is awoken by a camel, and the death of the firstborn sequence – and all the themes there were written by Hans. My job was to take the thematic content that Hans had come up with, and work it into my own music for the scene. There was a lot of discussion, a lot of debate about the contextual meaning behind the film and how the music relates to that, but the ultimate driving force was Hans. Just to be able to see him at work, being creative, and being in that atmosphere was wonderful. Plus, Hans is a phenomenal orchestrator. That’s something people don’t realise.”
„Hans ist eine Ikone und – meiner Meinung nach – ist die meiste Kritik gegen Media Ventures völlig unbegründet. Das häufigste Missverständnis ist, dass jeder an den Themen arbeitet, während Hans den Ruhm dafür bekommt. Nun, ich habe drei Monate mit Hans in Los Angeles an verschiedenen Szenen für ‚Der Prinz von Ägypten‘ gearbeitet – die Sandsturm-Sequenz, in der Moses von einem Kamel geweckt wird, und die Szene mit dem Tod der Erstgeborenen – und all die Themen wurden von Hans geschrieben. Meine Aufgabe war es, den thematischen Inhalt von Hans zu nehmen und es in meine Stücke für die Szene einzuarbeiten. Es gab eine Menge Diskussionen und Gespräche über die kontextuelle Bedeutung hinter dem Film und wie die Musik sich dazu verhält, aber die treibende Kraft dahinter war Hans. Ihm nur einmal bei der Arbeit zuzusehen, kreativ zu sein und einmal in dieser Atmosphäre zu sein, war wunderbar. Außerdem ist Hans ein phänomenaler Orchestrator. Das ist etwas, was die Leute nicht verstehen.“
Hans Zimmer komponiert nicht nur, sondern übernimmt bei Filmen auch die Ausführung als verantwortlicher Musikproduzent, wie etwa 2006 bei Ab durch die Hecke und 2015 bei Terminator: Genisys.
Am 8. Dezember 2010 erhielt Zimmer den 2426. Stern am Hollywood Walk of Fame im Herzen Hollywoods. Anwesend war Regisseur Christopher Nolan, mit dem er mit Inception einen weltweiten Erfolg feierte. Nolan sagte über Zimmer: „To me, there is no composer working who has done more to define the sound of contemporary films.“ (Für mich gibt es keinen noch tätigen Komponisten, der mehr dafür getan hat, das Klangbild zeitgenössischer Filme zu prägen.)
↑Hans Zimmer Biographie. In: Universal Music France. 28. November 2023, archiviert vom Original am 28. November 2023; abgerufen am 23. Februar 2024 (französisch).