Liste der Stolpersteine in der Würzburger Altstadt
Die Liste der Stolpersteine in der Würzburger Altstadt enthält die Stolpersteine, die im Rahmen des gleichnamigen Kunstprojekts von Gunter Demnig in der Würzburger Altstadt, einem Stadtbezirk Würzburgs, verlegt wurden. Auf jedem der Betonquader mit zehn Zentimeter Kantenlänge, die in den Bürgersteigen vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer eingelassen sind, ist auf der Oberseite eine Messingtafel verankert. Diese gibt Auskunft über Namen, Geburtsjahr und Schicksal der Personen, derer gedacht werden soll.
Auf Einladung der Initiatoren der Stolpersteine Würzburg, an deren Spitze Grünen-Stadträtin Benita Stolz steht, stellte Demnig Ende 2004 sein Projekt Stolpersteine im Würzburger Rathaus vor.[1] Anfang 2005 wurde ein interfraktioneller Antrag in den Würzburger Stadtrat eingebracht, die Verlegung von Stolpersteinen in Würzburg durchführen zu lassen,[2] der mit großer Mehrheit angenommen wurde.[3] Die Finanzierung sollte dabei über Patenschaften erfolgen. Die erste Stolpersteinverlegung erfolgte am 17. Juli 2006. Die Patenschaft für den ersten Stolperstein übernahm Oberbürgermeisterin Pia Beckmann.[4][5] Seitdem wurden in 34 Verlegeaktionen 706 Stolpersteine verlegt.[6]
Verlegte Stolpersteine
Im Stadtbezirk Altstadt wurden – unterteilt nach Stadtteilen – an folgenden Stellen Stolpersteine verlegt.
Domviertel
Stolperstein
Inschrift
Verlegeort
Name, Leben
HIER WOHNTE HANNELORE AKSELRAD JG. 1929 DEPORTIERT 1943 ERMORDET IN AUSCHWITZ
Selma Ansbacher geb. Obermeyer wurde am 15. Juli 1892 in St. Pölten oder Neulengbach in Österreich geboren. Ihr Vater war Jakob Obermeyer, Professor für semitische Sprachen und Literatur, der ab 1931 als Pfründner im jüdischen Altersheim von Würzburg lebte. Sie heiratete Simon Ansbacher. Das Paar bekam vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter. Selma Ansbacher war eine gesetzestreue Jüdin, sie engagierte sich in der Israelitischen Kultusgemeinde, besuchte regelmäßig Kranke und beherbergte Studenten und Seminaristen. Die Familie flüchtete 1939 nach Belgien, doch bereits im Jahr darauf wurde der Ehemann verhaftet und deportiert. Die Lage der Familie wurde prekäre, Selma Ansbacher und ihre Kinder waren auf die Unterstützung sozialer Organisationen angewiesen. Am 15. August 1942 wurden Selma Ansbacher und zwei ihrer Kinder über das SS-Sammellager Mecheln nach Auschwitz deportiert. Sie wurde dort ermordet. Auch ihr Ehemann, beide Töchter und der jüngere Sohn wurden im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.[7][8]
Den Holocaust überleben konnte einzig ihr älterer Sohn, Jonas Ansbacher, geboren 1920 in Würzburg, gestorben 1991 in Petach Tikwa. Er hatte drei Kinder
HIER WOHNTE SIMON ANSBACHER JG. 1885 DEPORTIERT 1942 ERMORDET IN AUSCHWITZ
HIER WOHNTE MINA BAJOWICZ GEB. RUDNITZKY JG. 1897 FLUCHT 1933 BELGIEN 1941 FRANKREICH INTERNIERT DRANCY ERMORDET IN AUSCHWITZ
Domstraße 5
Mina Bajowicz geb. Rudnitzky wurde 1897 geboren. Sie heiratete Wolf Bajowicz, das Paar bekam eine Tochter. Wenige Monate nach Hitlers Machtübernahme emigrierte die Kleinfamilie − wie alle anderen Angehörigen − nach Belgien, 1941 nach Frankreich. Am 28. August 1942 wurden Mina und Wolf Bajowicz gemeinsam mit ihrer Tochter in Bruguières (Haute Garonne) verhaftet und ins Camp de Noé verschleppt. Es folgte die Überstellung in das Sammellager Drancy, gemeinsam mit Regina Bajowicz, und am 4. September 1942 mit dem Convoi Nr. 28 die Deportation nach Auschwitz. Dort wurden Mina Bajowicz, ihr Ehemann und ihre Tochter vom NS-Regime ermordet.
HIER WOHNTE RUTH BAJOWICZ JG. 1922 FLUCHT 1933 BELGIEN 1941 FRANKREICH INTERNIERT DRANCY ERMORDET IN AUSCHWITZ
Domstraße 5
Ruth Bajowicz (1922–1942/45)
HIER WOHNTE SURA BAJOWICZ GEB. LEWKOWICZ JG. 1888 FLUCHT 1933 BELGIEN INTERNIERT MECHELEN DEPORTIERT 1943 ERMORDET IN AUSCHWITZ
HIER WOHNTE GEORG KÖNIG JG. 1923 SEIT 1926 VERSCHIEDENE HEILANSTALTEN ZULETZT 1940 HAAR 'VERLEGT' 21.1.1941 HARTHEIM ERMORDET 21.1.1941
Kettengasse 16
Georg König wurde am 23. Mai 1923 geboren. Zwischen 1926 und 1941 war er in der Heil- und Pflegeanstalt Haar sowie in der Pflegeanstalt Ecksberg untergebracht. Am 21. Januar 1941 wurde er mit anderen in die Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich überstellt, wo er nach seiner Ankunft in der Gaskammer ermordet wurde.[9]
Die Stolpersteine im Domviertel wurden an folgenden Tagen verlegt:
17. Juli 2006: Augustinerstraße 4 (Rosa Freudenberger), Bibrastraße 2½ (Fred Joseph), Ursulinergasse 2 (Felix, Jakob und Moritz Fechenbach)
11. September 2006: Franziskanergasse 12 (Flora Kahn, Berthold und Klara Schäfer), Sterngasse 8 (Louis und Milli Mai, Hedwig Tiefenthal, Ilse, Justin und Lilly Zeilberger), Sterngasse 16
11. Juni 2007: Glockengasse 1, 4 (Benno und Ernestine Hahn), 6 (Regina und Simon Eisenheimer) und 8
30. September 2009: Domstraße 26 (Adolf und Natalie Hamburger)
HIER WOHNTE KARL NEUBAUER JG. 1929 SEIT 1933 VERSCHIEDENE HEILANSTALTEN ´VERLEGT´ 10.3.1942 ANSTALT KAUFBEUREN-IRSEE ´KINDERFACHBTEILUNG´ ERMORDET 12.5.1942
Judith Weinberg, geborene Bamberger (1874–1942). Der Diözesanverband des Katholischen Frauenbundes (KDFB) übernahm die Patenschaft für die Ehefrau des Rabbiners.
HIER WOHNTE Rabbiner DR. MAGNUS WEINBERG JG. 1867 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT ERMORDET 12.2.1943
Wirsbergstraße 16
Magnus Weinberg (1867–1943). Die Patenschaft für den letzten Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Würzburg vor ihrer Auflösung 1942 hatte Bischof Friedhelm Hofmann übernommen. Josef Schuster, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, würdigte diese Patenschaft als Ausdruck des guten Verhältnisses der Religionen in Würzburg und als wichtiges Zeichen der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Kirche im Dritten Reich.
HIER WOHNTE ANNELIESE WINTERSTEIN JG. 1924 DEPORTIERT AUSCHWITZ FLUCHT IN DEN TOD 12.6.1944
Am Pleidenturm 6
Anneliese Winterstein (1924–1944)
HIER WOHNTE ELISABETH WINTERSTEIN GEB. HILBERT JG. 1903 DEPORTIERT 1944 AUSCHWITZ ERMORDET
Am Pleidenturm 6
Elisabeth Winterstein, geborene Hilbert (1903–1944/45)
HIER WOHNTE ELISABETH WINTERSTEIN JG. 1937 DEPORTIERT 1944 AUSCHWITZ ERMORDET
↑Erinnerung an Nazi-Opfer.Main-Post, 20. Dezember 2004, archiviert vom Original am 21. Mai 2018; abgerufen am 20. Mai 2018 (Wiedergabe des Artikels auf der Website der Stolpersteine Würzburg).
↑Steine erinnern an Naziopfer. Main-Post – Volksblatt, 19. Januar 2005, archiviert vom Original am 21. Mai 2018; abgerufen am 20. Mai 2018 (Wiedergabe des Artikels auf der Website der Stolpersteine Würzburg).
↑Klares Ja im Stadtrat für Stolpersteine. Main-Post – Volksblatt, 13. Mai 2005, archiviert vom Original am 21. Mai 2018; abgerufen am 20. Mai 2018 (Wiedergabe des Artikels auf der Website der Stolpersteine Würzburg).
↑OB ist Patin für den ersten Stein. Main-Post, 19. Oktober 2005, archiviert vom Original am 8. November 2018; abgerufen am 7. November 2018 (Wiedergabe des Artikels auf der Website der Stolpersteine Würzburg).