1955 wurde Thomas als Chefarzt ans Mary Imogene Bassett Hospital in Cooperstown (New York) berufen. Dort wurde er erstmals vertraut mit der Entdeckung, dass Nagetiere, die man einer potentiell tödlichen Dosis Radioaktivität aussetzte, überlebten, wenn man ihnen intravenös Zellen aus dem Knochenmark eines Spenders zuführte. 1957 wandte er erstmals diese Methode bei einem an Leukämie erkrankten Patienten an: Er bestrahlte ihn mit einer hohen Dosis, um die Krebszellen abzutöten; danach infundierte er ihm Knochenmark-Zellen von seinem eineiigen Bruder.
Sowohl dieser erste Patient als auch zahlreiche weitere, von Fachkollegen ähnliche behandelte Personen starben später an den Folgen von Infektionen oder schweren Immunreaktionen, die man bei den Tierversuchen nicht beobachtet hatte. Schon 1957 begann Thomas daher mit Hunden zu experimentieren, um die Therapieerfolge zu verbessern und leistete so Pionierarbeit in der Transplantation von Stammzellen aus dem Knochenmark.
Ab 1963 arbeitete er am United States Public Health Service Hospital (USPHS) in Seattle, das mit dem Fachbereich Medizin der University of Washington verbunden war. Hier war er von 1963 bis 1989 Professor, ab 1985 Leiter der Onkologischen Abteilung und nach Schließung des USPHS ab 1974 Direktor der Abteilung für Medizinische Onkologie[1] am ersatzweise gegründeten Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle. Ab 1969 hatte er am USPHS die Behandlung von Patienten mit Stammzellen wieder aufgenommen. Es dauerte zehn Jahre, bis die Immunreaktionen – heute bekannt als Graft-versus-Host-Reaktion – in seiner Arbeitsgruppe verstanden und danach auch andernorts beherrschbar wurden.
E. Donnall Thomas in: Internationales Biographisches Archiv 07/2010 vom 16. Februar 2010, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Gisela Baumgart: Thomas, Edward Donnall. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1396.